Anderson Cooper hat eine Mission. Seit Beginn der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko berichtet er jeden Abend im amerikanischen Fernsehen über die Lage vor Ort. Kein anderer Journalist widmet sich mit derselben Beharrlichkeit den Problemen der Fischer, Restaurant- und Hotelbesitzer, deren Existenz auf dem Spiel steht.
Was ihn antreibt, formulierte der Reporter einmal so: In seinem Leben habe Verlust eine große Rolle gespielt, und daher wolle er den Leuten eine Stimme geben, die ebenso damit konfrontiert sind. Folglich war Cooper auch einer der ersten Journalisten, die nach dem verheerenden Erdbeben auf Haiti landeten. Er berichtete auch über die Folgen des Wirbelsturms "Katrina" und nun eben über die Ölpest.
Tatsächlich musste Cooper schwere Schicksalsschläge verkraften. Sein Vater starb früh, der Bruder stürzte sich vom Penthouse der Familie in New York. Und: Coopers Familie ist in Amerika zum Sinnbild geworden für den Verlust von Macht, Geld und Einfluss. Denn der Fernsehstar ist ein Nachfahre des legendären Cornelius Vanderbilt, der mit Dampfschiffen und Eisenbahnen einst das größte Privatvermögen der Vereinigten Staaten aufgebaut hatte. Sein Sohn verdoppelte den Reichtum sogar noch. Und die Enkel brachten die Milliarden fast vollständig durch.
Von den zehn Prachtbauten der Familie ist in New York keines mehr übrig. Sie wurden verkauft oder abgerissen. Das einzige Gebäude, das noch an die Vanderbilts erinnert, ist der Bahnhof Grand Central Terminal in Manhattan, den der Eisenbahnmagnat Cornelius Vanderbilt bauen ließ. Ein Tiefpunkt des Abstiegs ist wohl der Sadomaso-Roman, mit dem seine 86-jährige Urenkelin Gloria, Anderson Coopers Mutter, im vergangenen Jahr die New Yorker Society schockierte.
Noch interessanter als der bemerkenswerte Aufstieg der Vanderbilts ist aus heutiger Sicht allerdings ihr rasanter Abstieg. Ihre Familiengeschichte lässt sich leicht in die heutige Zeit übertragen, in der erfolgreiche Hedgefondsmanager Jahresgehälter verdienen, das der Wirtschaftsleistung kleiner Länder wie Montenegro entspricht. 25 Milliarden Dollar haben die 25 besten der Branche im vergangenen Jahr zusammenbekommen.
So unvorstellbar diese Summe klingen mag: Auch im 19. Jahrhundert gab es bereits Menschen, die in ähnlichen Größenordnungen verdienten. Und Cornelius Vanderbilt bildete sich darauf nicht einmal viel ein. Jeder Idiot könne ein Vermögen aufbauen, sagte er. Aber: "Man braucht Verstand, um es anschließend zu erhalten." Wie recht er damit hatte, zeigten seine Nachfahren.
Der Aufstieg der Vanderbilts geschah zu einer Zeit, in der Gründer schnell reich werden konnten. Die Jahre zwischen Ende des amerikanischen Bürgerkriegs bis Anfang des 20. Jahrhunderts heißen daher auch "Gilded Age", vergoldetes Zeitalter. Es war die Hochphase der industriellen Revolution. Der Staat verlangte fast keine Steuern, Natur und Arbeitskräfte konnten die Unternehmer ohne Rücksicht auf Verluste ausbeuten.
Zeugnis einer längst vergangenen Zeit
In Hyde Park nördlich von New York steht einer der letzten verbleibenden Prachtbauten der Familie. Dorthin zogen sich die Vanderbilts während der Sommermonate zurück. Hatten sie in New York etwas vergessen, war das nicht weiter schlimm - wofür gehörte ihnen schließlich die Eisenbahnstrecke? "Sie schickten nach Lust und Laune einen eigenen Zug zurück in die Stadt, nur um Zigarren aufs Land zu holen", sagt Reiseführerin Francis, die Besucher durch das Anwesen führt.
Aus Europa ließen sie ganze Schiffsladungen voller Antiquitäten herüber schaffen. An den Wänden hängen Gobelins. Neben dem Kamin stehen zwei griechische Stauen. Da die Einrichtung nicht mit der Zeit gewachsen ist, sondern in kurzer Zeit zusammengekauft wurde, ergibt sich eine eigenartige Mischung. Der schöne Schein spielte dabei wohl die größte Rolle. So richtete der Herr des Hauses sein Schlafzimmer im Stil des französischen Sonnenkönigs ein, mit rotem Plüsch, goldenem Stuck und einer Balustrade ums Bett.
Wie es um die Familie heute bestellt ist, weiß Francis auch: "Durch das Dach regnete es bis vor Kurzem herein. Das konnten wir erst mit Geldern aus dem aktuellen Konjunkturpaket stopfen." Cornelius Vanderbilt mag sich dabei wohl im Grabe umgedreht haben.
Von 100 zu 100 Millionen Dollar Vermögen
Der Gründer hatte sich 1810 kurz vor seinem 16. Geburtstag 100 Dollar von seiner Mutter geliehen und daraus bis zu seinem Tod das größte Privatvermögen Amerikas aufgebaut. Seine Strategie blieb immer die gleiche. Als erstes Geschäft kaufte er ein Boot und fuhr die Leute zwischen Staten Island, wo seine Eltern einen kleinen Bauernhof hatten, und Manhattan hin und her.
Dann unterbot er die Konkurrenz im Preis, warb ihnen die Kunden ab und kaufte die anderen Unternehmen schließlich auf. Danach hob er die Preise wieder an, strich den Service zusammen und steigerte so seinen Gewinn. Mit Mitte 40 hatte er auf diese Weise eine Flotte von mehr als 100 Dampfschiffen erstanden. Er selbst beschrieb das Geheimnis seines Erfolgs so: "Ich verrate keinem Menschen meine Pläne und rede erst darüber, wenn ich sie ausgeführt habe."
Darüber hinaus war Vanderbilt ein außerordentlicher Geizkragen. Seine Frau Sophie musste nebenher in einem Gasthaus arbeiten, um Schuhe für die damals noch 13 Kinder kaufen zu können. Vanderbilt selbst trug seine Zigarren nie in einem Etui mit sich herum, sondern lose in der Seitentasche. Auf diese Weise traute sich niemand, nach einer zu fragen. Wenn sich jemand seinem Willen widersetzte, ließ er ihn kurzerhand in die Irrenanstalt einweisen. Ein Schicksal, das sowohl seine eigene Frau als auch einen Sohn vorübergehend ereilte.
Das Geld aus dem Schiffgeschäft investierte Cornelius Vanderbilt ab 1863 in die Eisenbahn. Auf gewohnte Weise vernichtete er die Konkurrenz, indem er ihnen einen Preiskampf aufzwang, den sie sich nicht leisten konnten. Am Ende blieb auch ihnen nur der Verkauf. Als Vanderbilt starb, hinterließ er seinen Kindern 100 Millionen Dollar, was heute einem Vermögen von etwa 143 Milliarden Dollar entspräche. Vanderbilts Sohn William, an den mit 95 Millionen Dollar das meiste ging, verdoppelte die Summe bis zu seinem Tod. Doch anders als sein Vater sah er im reinen Geldanhäufen keinen Sinn. Er sei nicht glücklicher, als wenn er ein "durchschnittliches" Vermögen hätte, sagte er. Sein Erbe ließ er daher gleichmäßig verteilen. Genauso gut hätte er die Scheine auch in den Wind streuen können.
Die Enkel verprassten das Erbe
Denn die Enkel hielten sich nicht damit zurück, das Familienerbe zu verprassen. Reginald zum Beispiel war ein Trinker und Spieler. Die Universität Yale verließ er ohne Diplom - aber mit einer Leberzirrhose. Seinen Beruf beschrieb er später auf Nachfragen gern als "Gentleman". Seine Cousine Florence wurde nur dafür berühmt, dass sie bei ihrer Hochzeit das teuerste Brautkleid aller Zeiten trug. Und Grace Vanderbilt ließ die gesamte Truppe eines Broadway-Musicals in ihr Sommerhaus nach Newport kommen, was einen eingeladenen Herzog aus Europa fassungslos sagen ließ: "Das ist Amerika? Es kommt mir vor, als ob man hier auf Gold spazieren ginge."
Im Gegensatz zu anderen erfolgreichen Unternehmerfamilien der damaligen Zeit galten die Vanderbilts lange als ungehobelte Aufsteiger. Dass der Gründer der Dynastie bei jeder sich bietenden Gelegenheit Tabak auf den Boden spuckte und Bildung als Zeitverschwendung ablehnte, machte die Sache nicht leichter.
Während ihn die Presse für seinen finanziellen Erfolg bewunderte, war er für die Intellektuellen eine Reizfigur. Briefe, die länger als eine halbe Seite waren, las er aus Prinzip nicht. Sein Zeitgenosse, der Dichter Mark Twain, flehte ihn in einem Zeitungsartikel geradezu an, doch "endlich, endlich einmal etwas Sinnvolles zu machen", wie etwa einen Teil seines Geldes einer Wohltätigkeitsorganisation zu spenden.
Erst Alva Vanderbilt beendete die Außenseiterrolle ihrer Familie. Sie setzte darauf, dass auch gesellschaftliches Ansehen letztlich käuflich ist. Nachdem sie zum feinsten Ball New Yorks nicht eingeladen wurde, ließ sie einen doppelt so großen Saal bauen und veranstaltete damit selbst das prächtigste Fest der Saison. Von nun an war die Society von ihrer Gunst abhängig. Einige Kinder von Cornelius Vanderbilts hatten nach seinem Tod gegen das Testament rebelliert und wollten mehr Geld. Ein Reporter schrieb damals den schönen Satz: Die Vanderbilts seien ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie dumm es sei, eine Dynastie auf nichts anderem aufzubauen als auf Geld.